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Es war im Januar 1992, als ich im Rahmen einer Studienfahrt nach Magdeburg, Naumburg und Quedlinburg unterwegs war - auf den Spuren antiker Skulpturen. Ich erinnere mich ziemlich gut, dass diese Reise durchaus verwirrend war: Man hatte das Gefühl, in einem fremden Land unterwegs zu sein - ich kannte damals Ungarn und Jugoslawien ein bisschen und fühlte mich fast so wie dort, andererseits wusste man natürlich, dass man Deutschland nicht verlassen hatte - die Leute sprachen Deutsch, wenn auch mit einem für mich damals neuen Dialekt. Ehemalige Grenzbefestigungen oder auch eine Aufschrift auf einer verlassenen Wirtschaft "Zum Goldbroiler" unterstützten dieses Gefühl, ganz woanders zu sein.

Ein paar Jahre vorher hatten wir noch in der Schule die Präambel der Verfassung der BRD eingeprägt bekommen - das erste Gebot quasi, in dem es hieß, dass das geteilte Deutschland wieder geeint werden soll - das schien damals unerreichbar - wie ein frommer Wunsch. Aber: Die Verfassung musste man umschreiben, Geschichte fand in der Gegenwart statt, alles war scheinbar gut - aber man hatte dennoch den Eindruck,dass sich die Menschen von beiden Seiten nicht sicher waren, was sie jetzt davon halten sollten. Mir ging´s damals nicht anders.

An eine Situation erinnere ich mich noch sehr gut: Wir Studenten und unser Professor liefen nach der Besichtigung einer Kirche über den Grünstreifen davor, und benutzen nicht den dafür vorgesehenen, gepflasterten Weg. Ein älterer Kirchenpfleger sprang uns hinterher und wies uns barsch und energisch auf unser Vergehenhin - worauf unser Professor ihm entgegnete, dass das in unserem Demokratieverständnis aber völlig in Ordnung wäre. Heute finde ich diese spontane Antwort amüsant - damals hat sie mich gestört - den
Kirchenpfleger offensichtlich völlig überrascht.


"Mein erster Tag auf der anderen Seite"
(Umfrageergebnisse, München/Denning, Sommer 2005)



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