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Schließlich gab es bei mir ja auch ein erstes Mal im Osten... und das war bald
nach dem Abi im Spätsommer/Herbst 1991: Ich war für ein verlängertes Wochenende mit zwei Schulfreundinnen mit dem Auto unterwegs. Wir planten die Route über Weimar, Jena nach Dresden.

Schließlich gefiel es uns so gut in Weimar, dass wir die ganze Zeit dort verbrachten und uns die Stadt anschauten. Für mich war es in erster Linie ein sinnliches Erlebnis. Ich hatte das Gefühl in einer Filmkulisse unterwegs zu sein. Alles sah so aus wie ich es aus 40 Jahre alten Filmen kannte und es war doch real. Die Straßenbeleuchtung war viel verwunschener, die Straßen noch mit Kopfsteinpflaster, es gab viel weniger Autos (die meisten waren viel kleiner und langsamer). keine Ladentüren, die automatisch aufgehen, wenn man sich ihnen nähert und vor allem noch kaum Leuchtreklame. Es lag der Duft der Kohleöfen in der Luft, was ich damals als unangenehm wahrnahm, aber zugleich anzeigte, dass die Menschen hier einfacher lebten.

Heute werde ich fast nostalgisch, wenn ich an den Kohlegeruch denke, denn es ruft mir die Anfangszeit meines Studiums in Weimar, das ich 1992 aufnahm, in Erinnerung. Ohne diesen ersten Aufenthalt im Osten wäre ich wohl nie auf die Idee gekommen, dorthin zum Studieren zu gehen. Etwas zog mich seitdem an. Ich bin mir bewusst, dass mich wohl so was wie eine Ostalgie befallen hatte, denn - was ich als anziehend empfand - das Phänomen, als sei hier die Zeit stehengeblieben, war natürlich auch Indiz für die langjährige, schwierige politische und wirtschaftliche Lage der DDR. Was diese Faszination über mich aussagt, ist wohl ein eigenes Thema. Wichtig ist vielleicht noch zu erwähnen, dass ich ein paar Monate später doch noch nach Dresden gefahren bin und angesichts der sozialistischen Plattenbauweise (neben alten Stadtteilen und Gebäuden) ziemlich schockiert war. Die Vorstellung, so zu leben, war mir unbegreiflich.

Bei diesen beiden Aufenthalten hatte ich nicht sehr viel Kontakt mit den dort ansässigen Menschen (wahrscheinlich weil ich nicht allein unterwegs war). Ich hatte allerdings schon den Eindruck, dass sie anders aussahen. Die meisten erschienen mir wie graue Mäuse. Hatten auch irgendwie einen blassen Teint und unmodische Frisuren - so wie in den tschechischen Kinderfilmen. Die Sprache klang fremd, ist mir aber mittlerweile sehr vertraut geworden, was mir bestätigt, dass Sächsisch und Thüringisch eben auch Dialekte sind, die man lieben lernt, wenn man die Menschen dort kennenlernt. Ist beim Bayrischen genauso.

Sind leider nicht sehr außergewöhnliche Erlebnisse, sondern eher etwas oberflächliche Eindrücke, die mir dazu eingefallen sind. müssen auch nicht unbedingt aufs Denkmal!


"Mein erster Tag auf der anderen Seite"
(Umfrageergebnisse, München/Denning, Sommer 2005)

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