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Klassenfahrt im April 1989.

Einreise mit pinkem Bus mit der Aufschrift „DIE RUMTREIBER“ in grellem Türkis.

Wir liefen am Abend, Frisbee spielend, durch das menschenleere Weimar. Am Alexanderplatz in Berlin fragte mich eine ältere Frau, ob ich West-Mark tauschen könnte. Ich tauschte mit Ihr 1:1, anstatt 1:10, sie bekam feuchte Augen, sagte: “das ist ja wie Weihnachten".

Wir trafen eine Jugendgruppe, die uns über unser Leben ausfragten und uns baten sie doch in unserem Bus über die Grenze zu schmuggeln.

Die Jungs aus unserer Klasse kauften sich am nächsten Tag FDJ-Hemden.

Nach langem Warten auf Einlass durften wir in einem fast leeren Verköstigungs-Etablissement keinen fünften Stuhl an den Tisch stellen, sondern mussten uns getrennt setzen. Jacken durften nicht über den Stuhl gehangen werden, sondern mussten an die Garderobe gebracht werden. Wir tranken Kaffe komplett und amüsierten uns über die Sättigungsbeilagen.

In Magdeburg erzählte uns ein Mann seine furchtbare Lebensgeschichte mit Aufenthalt im Gefängnis im Überwachungsstaat und meinte, dass das Einzige, was in der DDR funktionieren würde, die Staatssicherheit sei.

In unserem bunten Bus fühlten wir uns “unter uns", sicher, und hörten mit unseren Walkmen Musik von Prince.

Der junge Reiseleiter, der uns von der DDR mitgeschickt wurde und der uns auf der ganzen Fahrt begleiten musste, trank jeden abend Wodka und wunderte sich über die von der DDR manipulierten Strassen- und Landkarten und über uns.

Nach einer endlosen Inspizierung am Grenzübergang mit Spiegeln und persönlicher Befragung einzelner Lehrer und Schüler, küsste ich in Helmstedt den Boden.

"Mein erster Tag auf der anderen Seite"
(Umfrageergebnisse, München/Denning, Sommer 2005)

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